Denkst du Malen ist nur etwas für Kinder? Und kreativ sind nur Erwachsene, die als Designer oder im Marketing arbeiten?
Weit gefehlt! Im Grunde ist jeder Mensch kreativ und hat auch das Bedürfnis seine Kreativität herauszulassen und auszuleben – egal, ob du Grafik-Designer oder Buchhalter bist.
Kennst du diese Momente, in denen du vollkommen im Flow bist? Du vergisst alles um dich herum. Du machst dir keine Sorgen. Du denkst nicht an anstehende To Dos. In so einem Flow befinden wir uns häufig während kreativer Prozesse. Wir sind voll und ganz in der Gegenwart. Genau darum geht es in der Achtsamkeitspraxis und aus diesem Grund lässt sich Kreativität und Achtsamkeit sehr gut miteinander verknüpfen.
Dr. Franz Berzbach, der Autor von „Die Kunst ein kreatives Leben zu führen“, sagt, dass die Basis für Kreativität Stille und Einsamkeit ist (Quelle). Um wirklich kreativ sein zu können, um neue Ideen zu entwickeln, brauchen wir einen klaren Kopf. Es darf keine Ablenkungen geben, weder von außen noch von innen.

Achtsamkeitsübungen für einen klaren Geist
Um zu lernen, wie du solche Ablenkungen für dich ausschalten und dich auf die Gegenwart fokussierst, solltest du zunächst mit grundlegenden Achtsamkeitsübungen beginnen. Wähle eine Gewohnheit aus deinem Alltag, wie z.B. Zähne putzen, den Boden wischen oder das Trinken deines morgendlichen Kaffees, und führe diese Handlung in Achtsamkeit aus. Mache in der Zeit nichts anderes – das Handy bleibt in der Tasche – und konzentriere dich auf jedes Details der Handlung.
Verknüpfung Kreativität und Achtsamkeit
Wenn du nun einen Schritt weiter gehen möchten, verknüpfe deine Achtsamkeitspraxis mit einer kreativen Übung. Um nicht nur deine Fähigkeit der Achtsamkeit zu üben, sondern um gleichzeitig deine Kreativität zu fördern.
Am Ende dieses Artikels werde ich eine konkrete Übung mit dir teilen, mit der du den kreativen Prozess in Achtsamkeit praktizieren kannst. Zunächst möchte ich dir aber ein paar Tipps mit auf den Weg geben, damit du gestärkt aus dieser Übung herausgehst.
Der wichtigste Punkt ist zunächst, dass du dir bewusst machen musst, dass es in diesen Übungen um den Prozess und nicht um das Ergebnis geht. Lasse deinen Perfektionismus hinter dir und zeichne einfach drauf los und das was dir in den Sinn kommt. Male Linien und Formen, überlege nicht vorher, was genau du zeichnen willst, lege einfach los. Und wenn das Ganze hinterher aussieht, als wäre es von einem Kleinkind gezeichnet worden, ist das vollkommen in Ordnung. Das spielt keine Rolle.
Umgang mit unserem inneren Kritiker
Solltest du dich doch schlecht fühlen, weil du denkst, dass dein Bild nicht gut aussieht, dann wiederhole für dich immer wieder die Worte: Es geht nicht um das Ergebnis, sondern um den physischen Prozess und das Malen an sich. Du willst lernen im Moment zu sein, Gedanken loszulassen und sich mit klarem Kopf auf eine kreative Aufgabe zu konzentrieren. Fehler und komische Zeichnungen sind da voll und ganz in Ordnung, denn sie bringen dich nur weiter und fördern deine Entwicklung.
Höre auf dich mit anderen zu vergleichen. Ja, du kannst Zeichnungen und Gemälde anderer Menschen als Inspiration nutzen, aber vergleiche dich nicht. Es geht nicht darum, wer besser zeichnen kann. Es handelt sich um eine Übung zur Förderung deiner Fähigkeiten in den Bereichen Achtsamkeit und Kreativität. Du musst nicht der nächste Picasso werden.

Weitere Ideen für mehr Achtsamkeit und Kreativität in deinem Leben
Neben der Übung des Zeichnens, gibt es natürlich zahlreiche andere Übungen und Möglichkeiten seine eigene Achtsamkeit zu verbessern und die Kreativität im Leben und bei der Arbeit zu fördern.
Eine Möglichkeit ist es zum Beispiel, Zeit in der Natur zu verbringen und dabei alles ganz genau zu beobachten (lasse dein Handy zu Hause). Beobachte den Wind in den Bäumen, die Bienen in den Blumen, die Farben um dich herum. Rieche, fühle und nutze alle deine Sinne. Die Zeit in der Natur entspannt uns nicht nur, sondern trainiert unsere Achtsamkeit und fördert letztendlich unsere Kreativität.
Wenn du das Gefühl hast, du kannst dich nicht achtsam auf eine Handlung fokussieren, weil du keinen klaren Kopf hast und abgelenkt bist, versuche es mit Journaling bevor du mit dem Zeichnen beginnst. Journaling kann man im Grunde genommen mit Tagebuch schreiben übersetzen. Es geht aber nicht darum, aufzuschreiben, was du heute erlebt hast, es geht darum alle die Gedanken, Ideen und Gefühle niederzuschreiben, die dich im Moment beschäftigen. Die Dinge, die dich davon abhalten, aktuell im Moment zu sein und sich auf dein Zeichnen zu konzentrieren. Schreibe alles auf, was in deinem Kopf ist. Räume anschließend Tisch leer, so dass dich auch von außen nichts ablenken kann und lege los mit deiner kreativen Aufgabe.

Kreative Achtsamkeitsübung zum Ausprobieren
Nehme auf deinem nächsten Spaziergang einen Zeichenblock und einen angespitzten Stift mit. Beobachte alles genau und gehe auf die Suche nach einem Motiv zum Zeichnen. Du wirst merken, dass du alles aus einer anderen Perspektive betrachtest. Du beobachtest deine Umgebung mit anderen Augen.
Suche dir für die Übung am besten einen Gegenstand, der sich nicht bewegt – eine Pflanze, einen Baum, einen Stein oder auch Laub auf dem Boden. Setze dich gemütlich in die Nähe des Gegenstands (wenn es kalt oder ungemütlich draußen ist, kannst du selbstverständlich auch einen Gegenstand mit nach Hause nehmen). Schaue dir den Gegenstand oder auch die Blume ganz genau an: Farben, Texturen, besondere Eigenschaften, alle Ecken und Kanten und Details. Vielleicht kannst du sogar daran riechen. Lasse wirklich kein Detail aus.
Bevor du beginnst, denk noch einmal daran, dass es nicht um das Ergebnis geht, sondern um den Prozess an sich. Schalte deinen inneren Kritiker aus. Nehme deinen Zeichenblock und beginne diesen Gegenstand zu Papier zu bringen – behalte dabei den Fokus auf dem Gegenstand. Du solltest mindestens 10 Minuten zeichnen. Fortgeschrittene können hier auch versuchen den Gegenstand zu zeichnen, ohne den Stift anzuheben. Nach dem Zeichnen solltest du noch einen Moment sitzen bleiben, ruhig atmen und in sich hinein spüren. Wie fühlst du dich? Wie fühlen sich deine Hände an?
Buchtipps zum Thema Kreativität & Achtsamkeit
Wendy Ann Greenhalgh – Mindfulness & the Art of Drawing
Als Teenager begann Wendy aus Langeweile mit dem Zeichnen und entdeckte so ihre Leidenschaft zur Kunst. In ihren 20ern beschäftigte sie sich immer mehr mit dem Thema Achtsamkeit und so wurde die Kombination aus Achtsamkeit und Kreativität zu einem wichtigen Standbein in ihrem Leben. Sie sagt: „I believe that creativity and mindfulness are two ways through which we can begin to realise this potential for inner freedom and wellbeing.“ (Ich glaube, dass Kreativität und Achtsamkeit zwei Dinge sind, durch die wir anfangen können, das Potential von innerer Freiheit und Wohlbefinden zu begreifen.“)
Blog: https://www.artofmindfulness.org.uk/
Flora Bowley – Brave Intuitive Painting
Flora arbeitet bereits seit über 20 Jahren in der Kunst. Abgesehen davon, ist sie Yogalehrer, Heilerin und gibt Onlinekurse, um eine neue Bewegung der intuitiven Kunst zu fördern. Sie glaubt, dass jeder Mensch sich kreativ ausdrücken kann und möchte, wir müssen nur mutig genug sein, zu vertrauen, loszulassen und unsere eigene Kreativität zu erkunden.
Blog: https://florabowley.com/blog/
Julia Cameron – Der Weg des Künstlers: Ein spiritueller Pfad zur Aktivierung unserer Kreativität
Dieses Buch beinhaltet ein zwölf-wöchiges Trainingsprogramm zur Freisetzung der eigenen Kreativität, das bereits Millionen von Menschen geholfen hat, ihr Selbstvertrauen zu stärken und ihre Kreativität zu entdecken. Wöchentliche Aufgaben begleiten Sie auf Ihrer kreativen Reise und helfen Sie Ängste und Blockaden aufzulösen und mehr auf Ihre Intuition zu vertrauen.
Blog: https://juliacameronlive.com/blog/
Michele Cassou – Point Zero: Entfesselte Kreativität
Michele führt Sie in Ihrem Buch durch verschiedene Methoden, die Auflösung von Blockaden, Zweifel und Schwierigkeiten hin zum kreativen Ausdruck. Sie selbst ist international bekannt für das Auflösen kreativer Blockaden und die Entdeckung spiritueller Dimensionen im Prozess der Kreativität.
Website: http://www.michelecassou.com/
Kurt F. Richter – Coaching als kreativer Prozess
Kurt F. Richter betrachtet Coaching als eine co-kreative Tätigkeit, als einen kreativen Prozess, in dem neue Ideen, Sicht-, Denk- und Handlungsweisen entdeckt und somit neue Strukturen geschaffen werden. Im Buch erklärt der Autor zahlreiche Methoden als auch Übungen, die Coaches in ihrer Arbeit verwenden können.
Dr. Frank Berzbach – Die Kunst ein kreatives Leben zu führen
Dr. Frank Berzbach, unterrichtet Psychologie an der ecosign Akademie für Gestaltung und Kulturpädagogik an der Technischen Hochschule Köln. Er arbeitet zu Fragen achtsamkeitsbasierter Psychologie, Arbeitspsychologie, Kreativität, Spiritualität, Mode, Popmusik und Popkultur. 2013 erschien sein zweites Buch Die Kunst ein kreatives Leben zu führen.
Website: https://www.frankberzbach.com/